Der Galopp beim Gangpferd kann eine knifflige Sache sein. Manche Gangpferde galoppieren passverschoben, im Vierschlaggalopp (in Richtung Tölt verschoben), rennen auf der Vorhand ihrem eigenen Gewicht hinterher oder das Angaloppieren ist schwierig, weil sofort Pass kommt.
Heute übergebe ich die Feder an IPZV Trainerin C Thea Rösler, die in ihrem Unterricht und Trainingsansatz besonders Wert auf Freude im Training, die Biomechanik von Pferd und Reiter und den ausbalancierten Sitz legt. In diesem (und dem bald folgenden zweiten) Artikel geht sie speziell auf das Galopptraining von Gangpferden wie Isländern ein und gibt Tipps, wie man diesen gezielt trainieren und verbessern kann.
Der Galopp
Der Galopp ist eine im 3-Takt gesprungene Gangart in 6 Phasen.
Die Fußfolge im Galopp beginnt mit dem Auffußen des äußeren Hinterbeines. Dann folgen gleichzeitig das innere Hinterbein und das äußere Vorderbein und danach landet das Pferd auf dem weit vorgreifenden, inneren Vorderhuf. Daraufhin entsteht eine Einbeinstütze mit anschließender Schwebephase. Diese Einbeinstütze wird später noch von großer Bedeutung sein!
Als wäre das alles noch nicht komplex genug, muss zwischen dem Links- und Rechtsgalopp unterschieden werden. Wichtig ist, dass die Fußfolge des Galopps beim Rechtsgalopp mit dem linken Hinterbein beginnt und beim Linksgalopp mit dem rechten Hinterbein. Kreuzgalopp sollte vermieden werden und man erkennt ihn daran, dass Vorder- und Hinterbein einer Seite sich gleichzeitig nach vorne bewegen anstatt der diagonalen Fußfolge, die man in Phase drei sieht.
Wünschenswert ist im Galopp ein gleichmäßiger Bewegungsablauf mit klarer bergauf Tendenz, ein klarer Dreitakt mit energisch abfußender Hinterhand und eine durch den Körper von Pferd und ReiterIn gehende Bewegung. Ich persönlich merke gerne, wie das Pferd sich im Galopp vom Boden abdrückt und nach oben springt.
Keine Gangart trainiert die Bauchmuskeln, den Rumpf-Trageapparat des Pferdes und die Rückenmuskulatur so gut wie korrektes Angaloppieren und sinnvolles, ungezwungenes Training im Galopp. Da Pferde mit ihrer Vorhand den langen Hals und den verhältnismäßig großen Kopf tragen und sehr viele Pferde viel Gewicht auf der Vorhand haben, finde ich es sinnvoll den Galopp auch beim Gangpferd zur Verbesserung der Rückentätigkeit und des Muskelaufbaus zu nutzen.
Galopptraining am Praxisbeispiel
Ich beurteile erst einmal freilaufend den Galopp eines Pferdes. Je nach Veranlagung gibt es große Unterschiede – aber jeden Galopp eines (Gang)pferdes kann man durch Training positiv beeinflussen und verbessern. Dies möchte ich euch ganz konkret an einer 5-Gängig veranlagten Islandstute zeigen. Sie wurde 2017, 2018 und 2020 – also innerhalb von vier Jahren – im Galopp fotografiert.
Das Training mit jungen Pferden
2017, ziemlich bald nach dem Antrainieren, lies ich die Stute einfach laufen, versuchte ausbalanciert zu sitzen und möglichst wenig zu stören. Ich reite die Pferde dann in einem Tempo, in dem Takt und Rhythmus ordentlich und regelmäßig sind. Am liebsten reite ich diese Pferde im Gelände vorwärts und versuche auch in der Halle oder auf dem Reitplatz den Galopp zu reiten, habe jedoch keinen Fokus darauf und nehme den Galopp einfach dann mit, wenn das jeweilige Pferd ihn gut anbietet.
Gerade junge Pferde sollten meiner Meinung nach abwechslungsreich trainiert werden. Im Gelände locker vorwärts zu reiten verbessert sowohl die physische als auch psychische Verfassung.
Die weitere Ausbildung
Mit kontinuierlichem Training unter dem Sattel und vom Boden aus konnte die Stute 2018 immer mehr Muskeln aufbauen, die Einbeinstütze und das Abdrücken vom Boden wurde stabiler und mehr bergauf. Hinzu kam die Möglichkeit das Tempo mehr variieren zu können, ohne dabei Takt oder Losgelassenheit zu verlieren. Langsam aber sicher wurde es möglich mit dem äußeren Schenkel vorsichtig und gleichmäßig das Pferd dazu zu bringen die Hinterhand mehr unter den Körper zu nehmen und so den Rumpf mehr anheben zu können und die Oberlinie zu formen. Dadurch hat sich der Galopp sowohl vom Ausdruck als auch von der bergauf Bewegung sowohl unter dem Sattel als auch freilaufend enorm verbessert. Durch mehr Kraft wurde außerdem der Takt stabiler und weniger störungsanfällig.
In dieser Zeit habe ich immer wieder mit Stangen im Trab und Galopp gearbeitet. Die Anzahl der Stangen variiert: Im Trab verwende ich oft 4 Stangen am Stück und im Galopp auch immer wieder nur eine einzelne Stange, an der ich dann bewusst das Angaloppieren oder Durchparieren kurz vor der Stange übe. Ich versuche in diesem Ausbildungsabschnitt ganz regelmäßig immer wieder die gleichen Dinge zu üben. Beispielsweise im Herbst über 3 Monate immer einmal die Woche Stangentraining an der Longe. So ist das Training für das Pferd einschätzbar und es werden zuverlässiger Trainingsfortschritte erzielt, als ohne Trainingsplan und Kontinuität.
Das trainierte Reitpferd
Nach drei Jahren Training kam 2020 dann einfach so und ohne weitere Anstrengung ordentlich Tempovarianz hinzu. Dabei wurde das Pferd nicht hitziger oder unberechenbarer, ganz im Gegenteil. Inzwischen ist sie so gut und solide ausgebildet, dass ich jederzeit mit und ohne Sattel und Trense auf den Punkt angaloppieren und sie zurücknehmen kann. Auch im Gelände hat sie in dieser Zeit einiges an Gelassenheit und Entspanntheit dazu gewonnen.
Durch den Einsatz des äußeren Schenkels bekamen wir deutlich mehr Abdruck vom Boden mit dem äußeren Hinterbein und dadurch mehr bergauf Bewegung im Galopp. Wichtig ist dabei nicht fest oder „deutlich“ zu treiben, sondern den richtigen Moment zum Treiben zu erwischen. Immer dann, wenn sich das äußere Hinterbein vom Boden weg drückt und sich nach vorne bewegt ist der richtige Moment zum Treiben. Um diesen Zeitpunkt besser spüren zu können, ist es hilfreich das mit einer TrainerIn zu üben. Ein gutes Timing verbessert nicht nur das Galoppieren sondern auch Schritt, Tölt und Trab. Wenn man die Augen schließt, hat man oft auch ein besseres Gefühl für den richtigen Moment. Wahrnehmungsübungen und Ausgleichstraining wie ReiterInnengymnastik und Yoga können zudem enorm helfen das eigene Timing zu verbessern.
Mir ist wichtig, immer am eigenen Sitz zu arbeiten und nicht verbissen und um jeden Preis galoppieren zu müssen. Durch abwechslungsreiches Training kann man wunderbar auch bei 5-gängig veranlagten Pferden über Schulterherein, korrektes Anhalten, Travers und einigen anderen Trainingsideen die Hinterhand stärken, was dann konsequenterweise auch den Galopp verbessert. Zu Fehlern im Galopp und konkreten Verbesserungsmöglichkeiten über das Geraderichten und die Seitengänge könnt ihr hier bald mehr in Teil 2 lesen.
Hier kommen einige Trainingstipps für mehr Routine, die ihr auch sehr effektiv bei 4- oder 5-gängig veranlagten Pferden für einen besseren Galopp nutzen könnt.
Konkrete Ideen und Tipps für das Training im Galopp
Galopp mit unterschiedlich hoch aufgerichtetem Hals reiten
Die Muskulatur eines Pferdes profitiert immer dann vom Training, wenn das Pferd sich auch während des Trainings mit dem Hals nicht nur in einer Position befindet. Um immer wieder neue Anreize zu schaffen, animiere ich durch das Reiten von unterschiedlichen Tempi das Pferd dazu sich immer wieder neu auszubalancieren und den Hals unterschiedlich hoch aufgerichtet zu tragen.
Kommt ein Pferd zu sehr auf die Vorhand, reite ich den Galopp in leichter Stellung und versuche besser im richtigen Moment treiben zu können (Stellung über den Sitz reiten und nicht mit Zug am Zügel). Hat das Pferd etwas Gleichmaß gefunden, lasse ich die Zügel Millimeter für Millimeter länger. Gleichzeitig begleite ich das Pferd gleichmäßig und entspannt mit dem Sitz und den treibenden Hilfen.
Technik und ein gutes Timing sind hier entscheidend. Wichtig ist nur so schnell zu reiten, dass man sitzen und treiben kann und die Grundform des Pferdes ohne Fehlhaltung wie beispielsweise einen Unterhals ist. Durch das „Zügel aus der Hand kauen lassen und Zügel wieder nachfassen“ verbessert sich die Oberlinie des Pferdes und es bekommt mehr Muskeln, da das Pferd immer wieder dazu angeregt ist, sich im Galopp länger und kürzer zu machen. Den Rahmen des Pferdes verändere ich immer dann, wenn einige Galoppsprünge gleichmäßig waren und ich das Gefühl habe, dass das Pferd bereit dazu ist (z.B. je nach Gefühl alle 40 Meter).
Die gleichmäßige und elastische Zügelverbindung muss beim ReiterIn anfangen und muss geübt werden.
Aufrecht auf dem Pferd geschmeidig in der Bewegung des Pferdes zu sitzen ist eine komplizierte Angelegenheit für Gleichgewicht und Muskulatur von uns Menschen. Für mich setzt aber genau hier das sinnvolle Training an. Jederzeit eine elastische und gleichmäßige Zügelverbindung mit dem Pferd zu haben muss deshalb gelernt, geübt und trainiert werden. Umso besser man sich selbst ausbalancieren und umso flinker man mit den eigenen Ringfingern die Zügel einsetzen kann (ohne am Zügel zu klammern), desto angenehmer ist es für das Pferd zu galoppieren.
Sinnvoll sind hierfür Sitzschulungsstunden, auch an der Longe, Gleichgewichtsübungen am Boden, mit Zügelbrücke reiten und sich ganz bewusst machen, was es für das Pferdemaul bedeutet, wenn man auch nur einige Millimeter am Zügel ruckelt. Mit Übung kann man immer feiner und gleichmäßiger die Zügel in Verbindung halten und dabei möglichst elastisch mit den Ringfingern reagieren. Entscheidend sind für mich das gute Gleichgewicht der ReiterInnen und eine solide Rumpfstabilität ohne dabei steif oder verkrampft zu sitzen.
Tempo verstärken über Stimme und Sitz
Das Reiten von Tempoverstärkungen mit wenig Schenkel und Gerte sowie das Zurücknehmen und Verlangsamen des Galopps über die eigene Beckenbewegung üben. Um Pferden den Spaß am Vorwärts zu erhalten ist die Einwirkung durch Sitz und Stimme hier entscheidend. Eine starke Zügeleinwirkung kann den Bewegungsfluss und das Gleichmaß des Galopps genauso stören wie beispielsweise Hilfszügel.
Der Galopp von manchen Voltigierpferden ist für mich ein deutliches Beispiel, wie ich mit meinem eigenen Islandpferd nicht galoppieren möchte. Mir ist es lieber das Pferd galoppiert fröhlich, mit gespitzten Ohren und Freude nach vorne oben und reagiert auf meine Stimmsignale und Sitzeinwirkungen. In erster Linie übe ich das tatsächlich beim Reiten selbst, indem ich immer versuche ausbalanciert (nach vorne, hinten, rechts, links, oben, unten) zu sitzen und sehr diszipliniert an meinem Sitz arbeite. Einerseits möchte ich locker genug sein um gut in der Bewegung mitgehen zu können. Wichtig ist aber auch die eigene Aufrichtung und positive Körperspannung und die Möglichkeit den Galopp lediglich über die eigene Beckenbewegung langsamer machen zu können. Oft hilft es sich vorzustellen die eigene Wirbelsäule sei wie eine Perlenkette und wird nach oben in Richtung Himmel aufgerichtet. Übt man die korrekte Einwirkung mit dem Sitz regelmäßig, ermöglicht das der ReiterIn im Galopp zügelunabhängiger und somit pferdefreundlicher zu reiten.
Angaloppieren auf den Punkt
Ein elementarer Punkt ist für mich die richtige Vorbereitung auf den Galopp. Auch junge Pferde können lernen auf den Punkt und mit feinen Hilfen anzugaloppieren. Oft nehme ich mir hierzu Rituale zur Hilfe und galoppiere immer wieder genau an der gleichen Stelle an. Ich nutze immer die gleiche Vorbereitung, Hilfengebung und im besten Fall auch genau die gleiche Stelle auf dem Reitplatz oder im Gelände.
Sich wiederholende Trainingsabläufe nutzen
Im Viereck mache ich es gerne so, dass ich immer am Ende einer langen Seite angaloppiere, dann durch die kurze Seite bis zum ersten Bahnpunkt der neuen langen Seite galoppiere und dann durchpariere und nach einer Runde genau diese Übung an der gleichen Stelle wiederhole. Konkret bedeutet es auf der linken Hand bei M anzugaloppieren und bei H durchzuparieren oder bei K anzugaloppieren und bei F durchzuparieren. Indem ich mit Wiederholung arbeite ist es für das Pferd einschätzbar was als nächstes passiert und ich kann diese Übung super nutzen, um den Effekt des Angaloppierens auf die Muskulatur und insbesondere das Anheben des Brutkorbes des Pferdes zu verbessern. Diese Übung kann bei fortgeschrittener Ausbildung abgewandelt und z.B. auch auf dem Zirkel ausgeführt werden.
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