Klebendes Pferd – Teil 2: Schrecktraining

Dieser Artikel enthält werbende Inhalte. Mehr dazu liest Du hier!

Im letzten Artikel bin ich näher auf die Ursachen und Auswirkungen von „Trennungsangst“ bei klebenden Pferden eingegangen. Außerdem habe ich Schritt 1 des Trainingsprogramms, das richtige Führen, vorgestellt und ein Beispiel für Probleme in der Praxis gegeben.

Der zweite Schritt in meiner Arbeit mit klebenden Pferden ist das Schrecktraining (eigentlich müsste es Anti-Schrecktrainig heißen, aber das tippt sich so blöd).

*Auch hier möchte ich wieder darauf hinweisen, dass ich kein professioneller Trainer bin und jeder meine Empfehlungen auf eigene Gefahr durchführt. Wenn Du noch nicht viel Erfahrung mit Pferden, ihrem Verhalten, Bodenarbeit und Schrecktraining hast solltest Du Dir überlegen einen professionellen Trainer zur Unterstützung zu suchen!*

Die Vorgehensweise habe ich von Warwick Schiller gelernt. Wenn Du Englisch verstehst kann ich Dir seine Videos nur empfehlen! Ich finde nicht alles gut was er macht, aber das geht mir bei jedem Trainer so und er hat ein paar tolle Ansätze.

Wie immer gilt: Du musst Dein Vorgehen ganz individuell Deinem Pferd anpassen! Wenn das, was ich hier vorschlage nicht hilft oder das Problem sogar schlimmer macht, hör auf und versuche etwas anderes! Es gibt nicht nur einen Weg zum Ziel und was für den einen passt ist für den anderen nicht gut.

Wenn Du Vorschläge für ein anderes Vorgehen hast freue ich mich über Deinen Kommentar! Ich weiß bei weitem nicht alles und lerne sehr gerne dazu.

Trainingsplan für klebende Pferde

1. Richtig Führen

Wie das geht kannst Du hier nachlesen.

2. Schrecktraining

Ein ausgiebiges Schrecktraining ist bei klebenden Pferden besonders wichtig. In der Regel sind diese Pferde unsicher und tragen einen Haufen Angst und Anspannung mit sich herum. Deshalb müssen sie lernen mit „gruseligen“ Dingen umzugehen und sich durch solche Situationen durchzudenken und nicht kopflos zu reagieren.

Wenn Dein Pferd extrem abgelenkt ist und nur wenig auf Dich achtet oder sogar versucht Dich über den Haufen zu rennen solltest Du die Arbeit im Roundpen dem Schrecktraining vorziehen. Der Artikel zu diesem Thema kommt als nächstes.

Das Schrecktraining baue ich schrittweise auf: vom Einfachen zum Anspruchsvollen. Es ist unheimlich wichtig, dass man erst zum nächsten Schritt geht, wenn der davor perfekt sitzt. Wenn immer ein kleiner Rest Angst übrig bleibt summiert sich das so lange, bis das Pferd explodiert und scheut, bockt oder durchgeht.

Das brauchst Du zum Schrecktraining:

  • Einen umzäunten Platz (Roundpen, Reiplatz, Reithalle, umzäuntes Wiesenstück, etc.)
  • Einen langen Strick
  • Eine Gerte mit langem Schlag (das ist das Bändchen), z.B. Horsemanship Stick mit Bändchen, Longiergerte, Fahrpeitsche, etc.
  • Eine Gerte mit Flagge oder festgebundener Plastiktüte

Dieses Schrecktraining mache ich in den ersten Wochen jedesmal wenn ich mit dem Pferd trainiere. Und jedesmal beginne ich mit dem ersten, einfachsten Schritt: das Pferd mit dem Strick in der Hand abstreichen. Erst wenn ich sehe, dass das perfekt funktioniert gehe ich zum nächsten Schritt. Irgendwann wirst Du alle Schritte in 5 Minuten durch haben ohne, dass Dein Pferd mit der Wimper zuckt. Dann musst Du nicht mehr vor jedem Training das Schrecktraining machen. Ab und an solltest Du es aber wieder tun um nachzuprüfen ob alles noch gut ist.

Das Grundprinzip

Das Prinzip ist immer das Gleiche, egal mit welchem Hilfsmittel Du das Training durchführst und auf welcher Schwierigkeitsstufe Du bist.

Du hast Dein Pferd am Halfter und hälst in einer Hand den Strick (mit genügend Abstand zum Kinn des Pferdes, wie im Artikel zum richtigen Führen erklärt). Wenn Dein Pferd ausweicht darf es das tun und Du gehst mit. Auch wenn es rückwärts läuft gehst Du mit, versuche nicht Dein Pferd daran zu hindern, es könnte dann steigen.

So lange Dein Pferd vor dem was Du tust wegläuft (Seil schwingen, Tüte rascheln) läufst Du ruhig mit und machst weiter. Sobald es stehen bleibt hörst Du auf – und zwar noch in der gleichen Sekunde! Dann gibst Du Deinem Pferd eine kleine Pause in der es nachdenken kann.
Dass es nachdenkt erkennst Du zum Beispiel daran, dass es sich die Lippen leckt oder kaut.

Wir wollen, dass das Pferd lernt, dass sein Handeln Einfluss auf das gruselige Ding (Seil, Gerte, Tüte) hat vor dem es gerade weggelaufen ist. Es soll erkennen, dass das Ding weggeht, wenn es stehen bleibt. Das Pferd hat also „Macht“ über das gruselige Ding (ich nenne das jetzt einfach Gruselding – Du weißt was ich meine) und kann es mit seinem Verhalten beeinflussen.

Pferde lernen nicht durch Druck – sie lernen (unter anderem!) durch das Wegnehmen von Druck. Dein Pferd wird sich also fragen, warum das Gruselding verschwunden ist und was es getan hat um das zu verursachen. Deshalb ist es auch so wichtig, dass man nicht aufhört während das Pferd noch wegläuft. Da würde es sich nämlich denken „Aha! Ich muss nur möglichst schnell oder lange genug wegrennen und das Gruselding verschwindet“. Wenn Du alles richtig machst wird es stattdessen irgendwann denken „Aha! Ich muss nur stehen bleiben und das Gruseding verschwindet!“.

Entscheidend ist also, dass Du zum richtigen Zeitpunkt das Gruselding wegnimmst (wenn Dein Pferd steht), damit Dein Pferd das Richtige lernt.

Wenn Dein Pferd brav stehen bleibt, kannst Du mit ihm auf die nächste „Stufe“ gehen: Du schwingst weiter das Gruselding und wartest diesmal darauf, dass Dein Pferd entspannt. Wenn es zum Beispiel mit den Augen blinzelt oder sogar den Kopf senkt ist das ein Zeichen der Entpannung. Dann nimmst Du das Gruselding wieder sofort weg. Dein Pferd lernt: „Aha! Wenn ich entspanne werde ich in Ruhe gelassen!“.

Wenn Du auf beiden Seiten des Pferdes das Gruselding schwingen kannst, ohne dass es mit einer Wimper zuckt, kannst Du zum nächst gruseligeren Gruselding wechseln und von vorne anfangen. Oder Du beendest das Training und Dein Pferd hat bis zum nächsten Mal Denkpause.

Überfordere Dein Pferd nicht! Mache lieber kurze Einheiten mit vielen Denkpausen, Du musst nicht tausend Gruseldinger in einer Sitzung durchnehmen. Es reicht, wenn Dein Pferd eins gut macht, darauf kannst Du dann in der nächsten Einheit aufbauen.

Noch ein paar Worte zu Deiner Position

Du solltest beim Schrecktraining in der Regel in etwa auf Schulterhöhe Deines Pferdes stehen, ca. 50 bis 100cm von ihm entfernt. Dein Körper ist leicht zu ihm gedreht, mit Blickrichtung zur Kruppe. So hast Du Dein Pferd im Auge ohne ihm Deinen ganzen Oberkörper zuzudrehen. In dieser Position sollte Dein Pferd Dich im Ernstfall nicht ohne Vorwarnung treten können. Es kann durchaus vorkommen, dass ein Pferd mal nach dem Strick tritt wenn er dem Hinterteil zu nahe kommt – da willst Du nicht zu nahe dran stehen.

Deine Sicherheit geht immer vor, sei Dir jederzeit bewusst was Dein Pferd macht und wo Du stehst!

Eine Alternative

Du kannst all das auch mit Clickertraining und Belohnung machen. Ich habe aber die Erfahung gemacht, dass die meisten klebenden Pferde so gestresst sind, dass sie nicht mehr auf Leckerchen reagieren. Dass sie so gestresst sind ist nicht Schuld der Pferde – meistens sind es die Versäumnisse und Fehler von uns Menschen die es so weit gebracht haben.

Wenn Du mit einem Pferd, das nicht klebt und gestresst ist, Bodenarbeit machst, ist es aber durchaus einen Versuch wert und klappt in vielen Fällen sehr gut!

So setzt Du Strick, Gerte und Co richtig ein

Nachdem Du nun das Grundprinzip verstanden hast geht es nur noch darum, wie Du die Gruseldinger richtig einsetzt.

Das Wichtigste vorweg: Du schlägst Dein Pferd mit keinem dieser Hilfsmittel! Alles was am oder auf dem Pferd landet soll dort sanft und leicht ankommen!

Schritt 1: Abreiben mit dem Strick

Als ersten Schritt nimmst Du das Ende des Stricks in die Hand und reibst Dein Pferd damit an Hals, Schulter und Rücken auf beiden Seiten ab. Je nachdem wie Dein Pferd reagiert kannst Du es auch an der Kruppe abreiben. Wenn es aber sehr nervös ist bleib lieber außer Reichweite der Hinterhand.

Schritt 2: Den Strick sanft über den Rücken schwingen und dort landen lassen

Halte den Strick locker in Deiner Hand. Mach keine Faust, da verliert man zu viel Gefühl in der Hand und kann den Strick nicht so locker und sanft wie nötig schwingen.

Schwinge den Strick nicht von unten nach oben, sondern eher parallel zum Boden über den Pferderücken. Wenn Du ihn von unten nach oben schwingst kommt er mit zu viel Schwung über den Rücken und schlägt an den Bauch. Das wollen wir möglichst vermeiden. Der Strick darf an den Bauch kommen, aber eben locker und zart.

Danach ziehst Du den Strick in einer fließenden Bewegung wieder vom Rücken herunter. Achte darauf, dass er kein lautes Geräusch macht, wenn er auf dem Boden aufkommt.

Es ist wichtig, dass Du das „über den Rücken Schwingen“ und wieder runterziehen in einer fließenden Bewegung ohne große Zwischenpausen machst. Jede Pause ist eine Bestätigung für das Pferd und die soll ja erst kommen, wenn es stehen bleibt.

Schritt 3: Den Strick sanft über den Rücken schwingen und beim Runterziehen ein Geräusch machen lassen

Du gehst genauso vor wie in Schritt 2. Nun soll der Strick aber beim Aufschlagen auf den Boden ein Geräusch machen. Das ist eine zusätzliche Schwierigkeit für Dein Pferd, da viele Pferde sich vor Bewegung und Geräuschen fürchten.

Für diesen Schritt kannst Du auch die Gerte mit langem Bändchen benutzen. Das Bädchen schwingst Du genauso sanft wie den Strick vorher.

Schritt 4: Den Strick um das Pferd herum kreisen lassen

Stell Dich so vor Dein Pferd, dass Du ihm nur eine Körperseite zugedreht hast. Mit der von ihm wegzeigenden Hand nimmst Du den Strick und lässt ihn parallel zu Dir von oben nach unten kreisen. Wenn das ohne Probleme klappt kannst Du anfangen, zur Seite Deines Pferdes zu gehen und den Strick weiter kreisen zu lassen. Halte dabei mindestens einen Meter Abstand zum Pferd.

Ab einem gewissen Punkt wird Dein Pferd ausweichen. Dann bleibst Du genau an diesem Punkt und gehst nicht weiter nach hinten oder näher an es ran. Gehe mit dem Pferd mit, aber bleibe im Verhältnis zu seinem Körper in der gleichen Position. Wie oben im Grundprinzip erklärt, hörst Du erst auf, wenn es steht. Fange dann wieder vor dem Kopf des Pferdes an und arbeite Dich erneut an den Punkt heran.

Wenn Du mit dem Strick auf Höhe der Hinterhand angekommen bist höre auf, Du musst nicht hinten um das Pferd herumgehen.

Schritt 5: Die Rascheltüte zeigen

Die Rascheltüte ist für die meisten Pferde unheimlich gruselig. Deshalb fangen wir hier ganz vorsichtig an.

Stell Dich vor Dein Pferd und halte die Tüte schräg neben Dir auf Nasenhöhe des Pferdes hoch. Halte sie nicht vor Deinem Körper, sollte Dein Pferd danach ausschlagen darf es Dich nicht treffen. Strecke sie ihm nicht hin und berühre es auch nicht damit!

Wenn es ausweicht lässt Du sie weiter oben bis es stehen bleibt, dann halte sie sofort hinter Deinen Rücken. Wenn es nicht ausweicht wartest Du darauf, dass es mit seiner Nase in Richtung Tüte geht. Auch dann hälst Du sie sofort hinter Deinen Rücken.

Der letzte Schritt ist dann, dass Dein Pferd die Tüte mit seiner Nase berührt. Das kannst Du übrigens auch super mit Clickertraining machen!

Schritt 6: Die Rascheltüte schwingen I

Stell Dich vor Dein Pferd, mit dem Rücken zu ihm. Fang an nach vorne zu laufen, Dein Pferd folgt Dir. Nun schwingst Du die Rascheltüte vor Dir in einem Bogen von unten nach oben und einer Seite zur anderen. Das sieht quasi so aus, als würdest Du eine runde Tür in die Luft vor Dir malen.

Pferde haben weniger Angst vor Dingen, die sich von ihnen weg bewegen. Deshalb schwingst Du die Tüte während Du dich von ihm weg bewegst.

Wenn das gut klappt und Dein Pferd entspannt hinter Dir herläuft während Du die Tüte schwingst kannst Du Dich zu ihm umdrehen und die Tüte somit näher an ihm schwingen.

Schritt 6: Die Rascheltüte schwingen II

Nun kannst Du alles was Du in den Schritten 1 bis 4 mit Strick und Gerte gemacht hast auch mit der Rascheltüte machen.

Das waren die Grundlagen. Natürlich gibt es viel mehr was man tun kann (Planen, Bälle, Flatterbänder, Fahnen, …), da sind dann Deiner Fantasie keine Grenzen gesetzt!

In diesem Video kannst Du von Minute 3 bis 4:30 sehen wie das mit dem Seilschwingen in etwa aussehen sollte:

Und hier siehst Du das Vorgehen mit der Plastiktüte:

3. Arbeit im Roundpen – Hooking On

Im dritten Artikel der Serie geht es um die Arbeit im Roundpen. Das Pferd lernt im hier und jetzt zu sein und sich auf Dich zu konzentrieren. Klebenden Pferden fehlt meist der Fokus, sie sind sehr schnell abgelenkt und schaffen es nicht sich zu konzentrieren.

4. Arbeit im Sattel

Im vierten Artikel der Serie geht es um die Arbeit im Sattel. Hier erkläre ich was ich tue, wenn mein Pferd in der Halle oder auf dem Platz immer zu den anderen Pferden hinzieht oder zu nahe an ihnen kleben bleibt. Dieses Vorgehen lässt sich auch auf einen Ausritt übertragen, bei dem man einen anderen Weg reiten möchte als der Mitreiter und die Pferde sich trennen müssen.

Hast Du schonmal Schrecktraining mit Deinem Pferd gemacht? Wie bist Du dabei vorgegangen? Und hat es etwas geholfen?

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Christina

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Vor über 30 Jahren saß ich zum ersten Mal auf einem Pferd.
Seitdem habe ich viel erlebt und gelernt, hatte Erfolge und
Misserfolge, bin gestürzt und wieder aufgestiegen.
All diese Erfahrungen und mein Wissen aus vielen Jahren mit unterschiedlichsten Pferden teile ich hier mit Dir – natürlich immer
fair & pferdefreundlich.

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6 Kommentare

  1. Hallo, ich finde deine Artikel immer sehr interessant und besonders schön dabei stellt sich heraus, dass du nichts dogmatisch betrachtest ;-).
    Mir geht es genau so, dass ich nicht alles mögen muss, obwohl ich mir doch das ein oder ander von einer Methode sehr hilfreich empfinde.
    Mit Warwick Schiller habe ich mich intensiv beschäftigt und dachte anfangs ähnlich wie du. Meine Meinung hat sich dahingehend gewandelt zu überprüfen, könnte man mit seiner Art der Problemlösung das Pferd in eine Art erlernte Hilflosigkeit begleiten. Da ich ein äußerst schreckhaftes Pferd hatte und viele Herangehensweisen incl Trainer ausprobieren musste, bin ich irgendwann zu diesem Schluss gekommen.
    Das ist in keinsterweise eine Kritik an deinem Blog, sondern nur eine Herzensanregung meinerseits :-). Das Aha Erlebnis kam mir am Pferd mit dem Training in Angstsituationen, die anders bewältigt wurden aus Sicht der Verhaltensphysiologie mit entsprechender Trainerin. Freu mich wieder auf neue Beiträge von dir.

    Antworten
    • Huhu liebe Ute =)

      Das ist ja spannend! Magst du mal erzählen, was du mit dieser Trainerin gemacht hast?

      Ich sehe das wie du, es gibt eindeutig Pferdepersönlichkeiten mit denen ich kein Training nach Warwick Schiller machen würde. Ich finde aber auch, dass die Pferde in seinen Videos nicht resigniert oder gebrochen aussehen. Und der Gedanke dahinter ist ja nicht sie zu flooden, sondern sie zum Nachdenken zu bringen. Woran machst du das mit der erlernten Hilflosigkeit fest?

      Super klasse, dass wir da so schön drüber reden können, aus solchen Diskussionen lernt man immer unheimlich viel! <3

      Liebe Grüße!

      Antworten
  2. Hallo Christina,

    ich versuche mein Bestes, etwas Aufzuschreiben ;-).

    Ja ich sehe es schon so wie du, dass dieser Mann einem hilfreiche Tipps geben kann. Auch mir hat er schon geholfen, insbesondere das Video, als das Mädchen mit seinem Pferd neu ankommt und es abläd. Da habe ich mich damals selbst wiedererkannt.

    Das die Pferde bei ihm resigniert erscheinen kann ich so ebenfalls nicht erkennen.
    Sie fügen sich meiner Ansicht nach und erlauben sich irgendwann wenig eine Meinung zu äußern. Was aber für ein Individuum doch ein großes Maß an Lebensqualität ausmacht.

    Natürlich wünscht man sich ein Pferd welches verlässlich reagiert und auch ich vertrete den Standpunkt, dass ich und alle anderen Menschen, die mit dem Pferd umgehen, unversehrt bleiben müssen.
    Dieses erscheint mir eine der schwierigsten Gradwanderungen im Umgang mit dem Pferd. Wenn ein Pferd aus Angst oder sogar Panik oder weil es schlecht erzogen wurde zu überschießenden Reaktionen neigt und eventuell sogar unberechenbar wird, hat eine Frage ans Pferd hier nichts verloren. Hier muss man natürlich und gerade dann besonders gut führen, erziehen usw.

    Wenn ich beginne meinem Pferd etwas Neues zu erklären, lasse ich ihm eine Wahl und die Möglichkeit der geregelten Flucht. Das würde hier eindeutig den Rahmen sprengen, wie ich das entwickle. Ich begleite es, taste mich so weit wie es dem Pferd möglich ist und leite dann sogar bevor eine ungewünschte Reaktion kommt, den Fokus auf Rückzug um. Das ist keine Anleitung, denn das würde ohne Hintergrundwissen und entsprechendem eigenen Verhalten u.a. an der richtigen Stelle loben usw völlig nach hinten los gehen.
    Ich führe trotzallem bleibe für mein Pferd verlässlich. Ich vermittle ihm das es ok ist, dass er noch nicht an dem Gruselding vorbei kann und begleite ihn bestimmt und im Timing sogar immer etwas früher, als seine Reaktionen.

    Das ist nun im Ergebnis so weit, das mir mein Pferd in selbst außergewöhnlichen u neuen Situation vertraut, auch wenn ich ihn vorher nicht daran gewöhnen konnte. Er hat den Glauben erlangt, dass ich richtige Entscheidungen treffe und wenn es für ihn nicht möglich sein sollte, wir geregelt erst mal aus sicherem Abstand gemeinsam schauen, atmen, ich immer schön souverän bleibe, usw… Das brauche ich aber gar nicht, das muss ich nur denken 😀

    Gelernt und weiter am Lernen bin ich hier bei pVerstand (findet man denke ich noch bei Google)

    Warwick Schiller arbeitet genau so wie du schreibst, mit dem Nachlassen von Druck.
    Das tue ich in gewisser Weise auch, allerdings ist der Druck viel geringer, das Pferd behält ein Mitspracherecht und ich würde es mehr als eine Information titulieren……wenn ich jetzt mal Krümelkacke :-p.

    Ganz wichtig nicht nur die negative Verstärkung, eben dieses Nachlassen des Druckes steht mir zur Auswahl, sonder als erstes sogar die positive Verstärkung.
    Ich bin kein reiner Clickerfan, denn einem Pferd in Angst u Panik fällt die schönste Mohrrübe aus dem Maul. Hier ist der Fluchtinstinkt viel stärker als Futter, nach meiner Meinung . Markertraining finde ich sehr effektiv, darin findet man auch die Clickerei, aber eben nicht nur.

    Leider kann ich dir das schriftlich sooo schlecht wiedergeben. Habe auch deshalb nie an einen eigenen Block gedacht, weil ich nichts auf den Punkt bringen kann .

    Zusammenfassend gesagt, er hat tolle Anregungen. Ich würde mir wünschen, dass es ein mehr „gemeinsam sein u lernen“ geben würde und nicht so sehr „das drück ich dir jetzt auf Gefühl“ entsteht.

    Ich würde dir mal einen Link zu einer komplett anderen Herangehensweise schicken. Ich arbeite danach nicht, aber mein Denken hat auch diese beeinflusst und ich finde es immer interessant Neues zu erkunden.

    http://youtu.be/gV_MD-VtcR4

    Danke dir 😉

    Antworten
    • Vielen herzlichen Dank für deinen ausführlichen Kommentar!

      Ich glaube wir liegen da in sehr vielen Bereichen auf einer Wellenlänge, habe während des Lesens ständig zustimmend mit dem Kopf genickt 😉

      Ich denke auch, dass man die Balance finden muss (zu dem Thema liegt hier übrigens schon länger ein halb fertiger Artikel rum 😉 ). Wenn es in für Mensch und Pferd gefährliche Situationen geht kann ich in der Regel nicht mehr mit Leckerchen ankommen. Meiner Meinung nach muss man seine Herangehensweise bei jedem neuen Pferd aufs Neue abstimmen. Gerade eben habe ich einen Artikel über meinen Weg zum Vertrauen mit drei charakterlich sehr unterschiedlichen Pferden veröffentlicht. Niemals würde ich da mit allen gleich umgehen.
      Ich bin ja auch so einer von diesen „komischen“ Menschen, die NHS und Clickern gerne mal mischen, einfach weil ich glaube, dass es mit einer Kombination aus positiver und negativer Verstärkung am Besten geht. Natürlich würde ich auch lieber nur mit positiver Verstärkung arbeiten, aber ich denke das ist Utopie. Du musst ja nur auf dem Pferd sitzen und Zügel- oder Schenkelhilfen einsetzen, schon hast du negative Verstärkung.

      Mit deiner Einschätzung, dass Warwicks Pferde sehr wenig Mitspracherecht haben, stimme ich überein. Er betont zwar immer, dass man sein Pferd nicht micromanagen soll, aber im Endeffekt tut er das schon irgendwo, indem er ihnen abtrainiert ungewollte Dinge zu tun. Gerade dieses Rucken am Strick finde ich immer sehr unschön und könnte ich nicht tun (wobei er das ja im Vergleich zu anderen NHS-Trainern noch realtiv selten einsetzt). In anderen Bereichen finde ich seine Ansätze wiederum super und ich glaube auch, dass er das Wohl der Pferde zum Ziel hat. Es ist einfach wie immer: ich suche mir das heraus, was für mich passt und die Sachen die ich nicht mag, lasse ich sein 😉

      Vielen dank für den Link, da werde ich später mal reinschauen!

      Ich finde übrigens, dass du deine Vorgehensweise super erklärt hast, ich hab verstanden was du meinst.
      Und das klingt für mich wirklich toll, magst du nicht mal nen Gastartikel zum Thema schreiben? 😉
      Falsch machen kann man mit jeder Vorgehensweise etwas, egal wer sie einem erklärt und wie gut er das tut. Ist ja bei meinen Artikeln auch nicht anders, da muss man dann eben dazuschreiben, dass man sich professionelle Unterstützung suchen soll wenn man nicht genug Erfahrung hat.

      Viele liebe Grüße und einen schönen Abend!

      Antworten
  3. Hi,ich kann gar nicht sagen ob mein Pferd ein Kleber ist. Wenn ist er es erst seid kurzem.
    Zur Vorgeschichte: Wotan und ich haben im März den Stall gewechselt. Er War immer sehr ausgeglichen und ruhig und allein ausreiten ohne Kumpels ist bisher kein Problem gewesen. Im neuen Stall wurden Versprechen vom Stallbesitzer nicht eingehalten und mein Pferd konnte nicht mit anderen auf der Wiese stehen sondern War alleine. Auch so War es dort sehr Pferdeunfreundlich- den Eindruck hatte ich allerdings nicht als wir uns dort vorstellten. Das Alleinesein auf der Koppel u der ganze Umzug waren der Größte Fehler. Mein Pferd War ein ganz Anderes. So schreckhaft, aufgeregt und guckig…wenn er Stundenweise alleine auf der Wiese mitten in der Pampa stand,ist er nur gelaufen,hoch und runter…ließ sich nicht einfangen weil er nur Ausschau gehalten hat ob er irgendwo nen Kumpel sieht. Im Juni konnte ich ihn direkt am Stall auf die Wiese stellen,da War es etwas besser,aber er war immernoch nervös. Im Juli hab ich ihn nochmal umgestallt (ich weiß,das ist nicht gut und ich bin mir dessen bewußt) für Wotan war es das Richtige. Offenstall mit zwei Stuten…er liebt es.Wir waren also 4 Monate in dem doofen Stall und sind jetzt ziemlich genau 4 Wochen in dem Neuen. Wotan liebe t die Stuten so sehr,das er ausflippt wenn er sie nicht sieht.Beidpiel: wir waren gestern ausreiten zu zweit. Danach hab ich Wotan in die Offenbox gestellt damit er in ruhe sein Mineralfutter fressen kann,die andere Stute War schon fertig und ist raus zu der anderen Stute gegangen. Wotans Box War noch zu,er War noch nicht fertig. Er ist plötzlich fast panisch geworden …rannte immer zur Tür- die nur halbhoch ist und rannte auch teilweise dagegen. Er wollte da unbedingt raus. Wir mussten erst die Stuten zurück holen damit der such etwas beruhigt,erst dann konnte ich die Tür öffnen.
    Demnächst kommen wohl zwei Reitbeteiligungen die mit den Stuten ausreiten wollen…Wie kann ich es anstellen bzw was muss ich tun,damit er alleine zurück bleibt? Die Stuten schonmal für ganz kurze Zeit wegführen und gleich wieder zurück bringen und diese Abstände langsam verlängern? Oder was ist da hilfreich? Ich bin schon mal mit ihm gegangen ohne die Stuten,das ging eigentlich ganz gut. Aber ich befürchte wenn die weggehen und er zurück bleibt ist das anders. Wäre schön wenn du ne Tip hättest für mich

    Antworten
    • Hallo liebe Alex,

      so aus der Ferne ist es immer schwer für mich konkrete Tipps zu geben. Pferde sind so unterschiedlich, dass man eigentlich von Fall zu Fall individuell entscheiden muss, was man am Besten macht. Ich würde also immer empfehlen, einen kompetenten Trainer vor Ort zur Unterstützung zu suchen (zum Beispiel einen Horsemanshipler oder Clickertrainer).
      Das mit dem in länger werdenden Abständen Wegführen der Stuten könnt ihr auf jeden Fall probieren. Parallel könntet ihr versuchen Wotans Angstverhalten irgendwie zu durchbrechen. Bei manchen Pferden hilft es ganz gut, sie mit Clicker-Übungen abzulenken bei denen sie etwas tun müssen und teilweise hochfrequent belohnt werden – Futter ist ja immer ein großer Anreiz.
      Möglicherweise erledigt sich das Problem mit der Zeit auch von selbst, so viele Veränderungen werfen ein Pferd schonmal aus der Bahn und er ist ja noch nicht lange am neuen Stall.

      Liebe Grüße,
      Christina

      Antworten

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Vor über 30 Jahren saß ich zum ersten Mal auf einem Pferd.
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