
Ich lerne sehr schnell auf diesem Pferd. Vor allem lerne ich, dass ich noch sehr viel feiner reiten muss. Wenn man lange auf nicht besonders feinen Pferden sitzt, ist man schnell selbst nicht mehr so fein. Und ich habe die Erkenntnis: um wirklich zu verstehen, was feines Reiten ist, muss man ein feines Pferd reiten. Ansonsten kann man sich nicht vorstellen, dass man ein so großes Tier mit solch minimalen Hilfen führen kann. Man muss es fühlen um zu verstehen was möglich ist.
Es war eine großartige und etwas ehrfürchtig machende Erfahrung zu merken, wie fein und minimal reiten sein kann. Ich bin sehr dankbar, dass ich dieses Pferd reiten und diese Erfahrung machen durfte und weiß, woran ich in nächster Zeit arbeiten werde.
(Handschuhe von www.lederreithandschuhe.de; Schuhe von Hobo Shoes; Reithose von Equiva)
Das Tal der Pferde
Nach der Reitstunde laden wir zwei von Hlíns Jährlingen in den Hänger – sie sollen ins Tal der Pferde. Dieses Tal bei Hólar erstreckt sich etwa 18 Kilometer lang zwischen hohen Bergen ins Landesinnere. Hierher bringen die umliegenden Züchter die Pferde, die sie über Sommer nicht reiten und lassen sie gemeinsam das Tal durchstreifen. Im Herbst werden sie mit dem Schafsabtrieb zusammengetrieben und von ihren Besitzern sortiert. Jedes Jahr kommen so etwa 450 Pferde zusammen. Sie verteilen sich im Tal und bilden mehrere kleine Herdenverbände. Dabei entstehen oftmals neue Freundschaften, es muss nicht sein, dass die Pferde eines Züchters eine Herde bilden und zusammenbleiben.

Das Tal ist nicht weit von Yogihorse entfernt. Die Straße ist jedoch nur bis Hólar asphaltiert, dann geht es über holprige Schotterpisten und viele Schlaglöcher nur noch im Schritttempo voran. Nach etwa 10 Minuten Fahrt durch die Hügel liegt es vor uns: ein weites, grünes Tal, eingefasst von steilen Berghängen und durchzogen von silberblau glitzernden Flüssen. Wir fahren noch durch zwei Tore, dann heißt es Sommerferien für die Jährlinge. Etwas zögerlich, aber von der Fahrt erstaunlich ungestresst, springen die beiden aus dem Hänger. Und laufen erstmal in die völlig falsche Richtung: weg von der großen Herde im Tal, hinauf auf die Berghänge zu den Schafen, die dort wie weiße Tupfen an einer grünen Wand kleben.


Eine Weile schauen wir ihnen noch kopfschüttelnd bei ihren Kletterversuchen am Hang zu, dann zuckt Hlín mit den Schultern und sagt „die werden schon noch die anderen Pferde finden“. Das warme Auto ruft, es weht ein kalter Wind und wir haben Hunger. Der Tag war lang, aber sehr schön.
Ausflug nach Akureyri und zur Elfenburg
Am nächsten morgen machen wir zwei kurze Ausritte in die Umgebung. Ich reite Nói und Glói, bei denen ich immer an die Zwerge aus dem Hobbit denken muss (jaja, ich weiß, ich bin ein Nerd) – die heißen zwar nicht genau so, aber doch sehr ähnlich und die beiden Ponys sind genauso liebenswert. Auch bei diesen beiden ist es ein Genuss sie zu reiten, sie sind temperamtentvoll, aber sehr fein und gut händelbar. Nói ist das Elfenpferd, denn er sieht hinter jedem Stein eine Elfe – sagt Hlín. Ich konnte davon aber nichts feststellen, er war ruhig und brav und ist sogar tapfer mit mir über die abenteuerliche, etwas zerfallene Brücke über dem rauschenden Gletscherfluss gelaufen.



Die kurzen Ausritte machen wahnsinnig Spaß, wir sind viel im flotten Tölt unterwegs und lassen die Ponys unbeschwert durch die traumhafte Landschaft fliegen. Es geht vorbei an wilden Flüssen, über staubige Ebenen mit Vulkangestein und entlang stiller, spiegelnder Seen. Mit Glói reite ich durch ein grünes Feld mit blauen Lupinien, die so hoch sind, dass sie meine Füße streifen. Es ist, als würden wir in einem Meer aus Blumen schwimmen.



Die Zeit verfliegt und es gibt schon wieder Mittagessen. Anna, bei der wir wohnen, kocht so gut, dass ich mich ständig am Riemen reißen muss um nicht so viel zu Essen – schließlich will ich nicht den ganzen Nachmittag im „Essenskoma“ liegen. Sie ist auch sehr flexibel was Essenswünsche angeht und hat uns tadellos vegetarisch bekocht.
Nach dem Mittagessen steht eine längere Autofahrt auf dem Programm, wir fahren mit Hlín nach Akureyri, der „Hauptstadt“ des Nordens. Auf dem Weg erzählt sie viel über die Geschichte der Gegend. Zu fast jedem Hof gibt es etwas zu berichten, bis hin zu wilden Geschichten über Kämpfe mit Piraten.
Etwa 30 Minuten vor Akureyri biegen wir dann von der Straße zu einem verlassenen Haus hin ab. Hinter diesem Haus startet der Trampelpfad in die Hügel und zur Elfenburg. Hinweisschilder sucht man hier vergeblich. Nicht unüblich in Island, wie ich auf meiner weiteren Reise noch feststellen werde.
Die Elfenburg sieht man schon von hier aus: ein unwirklich aussehender, scharf gezackter, schwarzer Bergkamm reckt sich in den Himmel. Es braucht nicht viel Phantasie um zu erkennen, warum diesem Berg nachgesagt wird, dass hier dunkle Elfen leben.

Vor vielen Jahren ist wohl ein Teil des Bergkamms abgebrochen und hat die gezackte „Burg“ hinterlassen und davor viele grüne Hügel aufgehäuft. Zwischen diesen Hügeln hindurch geht es nun auf einem Schafspfad nach oben. Hinter uns erstreckt sich das tiefe Tal, links plätschert ein Bach mit mehreren kleinen Wasserfällen durchs grüne, sonnenbeschienene Moos.

Nach etwa einer dreiviertel Stunde erreichen wir unser Ziel: hinter einem Hügel erstreckt sich plötzlich ein großer, stiller See zwischen schneebetupften Bergen. Ich habe in der Sonne durst bekommen und trinke von dem Gletscherwasser das so kalt ist, dass ich es bis in den Magen laufen spüre. Wir machen eine kurze Pause und saugen ehrfürchtig die Stille um uns herum auf. Hier fühlt man sich als Mensch klein und überwältigt von der schroffen Schönheit der Natur. Hlín zeigt uns verschiedene Pflanzen und ihre Namen. Zur richtigen Jahreszeit kann man in den Hügeln viele leckere Beeren pflücken.


Wieder zurück am Auto fahren wir noch eine halbe Stunde nach Akureyri. Dort geht es als erstes ins Outlet von 66° North. Diese Outdoorkleidung kann ich nur empfehlen und dort ist sie dann auch ganz bezahlbar (ich liebe vor allem die Sachen aus Polartec*, das hält super warm, trocknet in Lichtgeschwindigkeit und ist dabei leicht und dünn). Danach bummeln wir etwas durch die kleine Innenstadt und trinken einen großartigen Kaffee – nicht im berühmten, überlaufenen Touristencafé – sondern im gemütlichen Eymundsson Buchladen. Hier gibt es auch leckere kleine Snacks zu bezahlbaren Preisen.
Entlang der Küstenstraße fahren wir in der goldenen Abendsonne zurück zu Yogihorse. Es ist schon spät, nach 22 Uhr und wir sind angenehm müde. Als wir ankommen ist aber an Schlafen erstmal nicht zu denken. Wir werden von einem zauberhaften Sonnenuntergang begrüßt.


Ich sitze noch eine ganze Weile auf der Bank vor Annas Haus, schaue den Ponys im Sonnenuntergang zu und genieße es, einfach hier zu sein.
Im nächsten und letzten Island-Artikel geht es um Tipps und Empfehlungen für einen Reiturlaub in Island. Inklusive Flügen, Mietwagen, Sightseeing, Einfuhrbestimmungen, Packliste, etc.
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