Die ersten Schritte mit dem Jungpferd und mit Schauspiel zur besseren Kommunikation

Dieser Artikel enthält werbende Inhalte. Mehr dazu liest Du hier!

Anna Eichinger ist lizensierte Branderup-Trainerin und ich verfolge sie schon eine ganze Weile auf ihrer Seite „Einfach Reiten“ und bin begeistert von ihrem Umgang mit ihren Pferden und ihrer freundlichen, aufgeschlossenen Art. Seit ein paar Monaten bildet sie einen jungen Lipizzaner aus und ich freue mich über jedes Bild des harmonischen Paars.

Weil ich immer mal wieder Leserfragen zum Jungpferdetraining bekomme und ich finde, dass Anna das so super macht, habe ich sie mir vor ein paar Tagen zum Interview geschnappt. Hier also ihre Tipps und Ratschläge rund um’s Thema Vertrauens- und Beziehungsaufbau, die ersten Schritte mit Deinem Jungpferd – und wie Dir Schauspiel dabei helfen kann, besser zu kommunizieren:

Die erste Zeit mit dem Jungpferd – Beziehungsaufbau

Herzenspferd: Hi Anna, schön, dass Du hier bist! Du hast Dir ja noch gar nicht so lange her ein junges Pferd gekauft. Wie sahen denn Deine ersten Wochen mit neuem Pferd aus?

Anna Eichinger:

(c) Anna Eichinger

Ich hatte bei „Konrad“ (Conversano Aquileja) direkt ein sehr gutes Bauchgefühl. Wir waren uns von Anfang an sympathisch, deshalb war der Beziehungs- und Vertrauensaufbau sehr einfach und schnell. Bei einem Pferd, das so wie er artgerecht in der Herde aufgewachsen ist und gut sozialisiert wurde, hat man es immer etwas leichter mit dem Vertrauensaufbau als bei einem Pferd, das vielleicht schon schlechte Erfahrungen mit Menschen gemacht hat. Pferde, die in einer Herde groß geworden sind, können Körpersprache besser lesen und es besteht von Anfang an eine bessere Basis für die Kommunikation.

Dazu kommt natürlich auch noch, dass es bei jedem Pferd ein bisschen anders läuft. Meine Stute Tarabaya hat zum Beispiel aufgrund ihrer negativen Vorerfahrungen deutlich mehr Zeit gebraucht als Konrad, man muss da individuell auf’s Pferd eingehen.

Als ich Konrad bekommen habe, war er 3,5 Jahre alt. Zum gegenseitigen Kennenlernen und Beziehung aufbauen, habe ich vor allem

  • Zeit mit ihm verbracht, ohne etwas von ihm zu wollen und zu „arbeiten“,
  • ich habe ihn ausgiebig geputzt,
  • wir sind viel Spazieren gegangen,
  • ich habe ihm spielerisch neue Sache gezeigt und
  • in meinem Zusammensein mit ihm viel ehrliche Freude ausgestrahlt.

Wenn die Aufzucht des Pferdes passt und es keine schlechten Vorerfahrungen gemacht hat, dann geht das mit dem Vertrauensaufbau in der Regel schnell und unkompliziert. Natürlich ist auch gegenseitige Symapthie wichtig, aber man kann auch eine gute und enge Beziehung aufbauen, wenn es keine „Liebe auf den ersten Blick“ ist.

Die ersten Schritte im Training mit einem Jungpferd

Herzenspferd: Nun ist ja der Beziehungsaufbau „nur“ der erste Schritt. Was sind denn die ersten Schritte in der Akademischen Reitkunst mit einem Jungpferd, wenn es um das Thema Training geht?

Anna:

Hier habe ich ganz entspannt mit Führübungen am Halfter gestartet. Am Halfter deshalb, weil ich erst mal mit Konrad am Halfter spazieren gehen wollte. Eine Formgebung, wie man sie z.B. am Kappzaum trainiert, ist zu dem Zeitpunkt noch nicht wichtig.

Bei den Übungen am Halfter ging es mir zunächst darum, eine Basis der Kommunikation und für gemeinsame Bewegung zu schaffen. Übungen sind zum Beispiel gemeinsames Loslaufen und Stehenbleiben. Hier achte ich vor allem auf die Synchronität der Bewegungen, das heißt ich laufe nicht los und ziehe das Pferd hinterher, sondern ich gebe ein klares körpersprachliches Signal zum Loslaufen und nehme dann Rücksicht auf mein Pferd, indem ich ihm die Zeit gebe mit mir gemeinsam loszulaufen.

Das verlangt von mir natürlich, dass ich meinen Körper sehr bewusst und achtsam zur Kommunikation einsetze und auch auf mein Pferd und seinen Ausdruck achte. Diese gegenseitige Rücksichtnahme und Synchronität der Bewegungen ist ein wichtiger Punkt und Basis jeden Pferdetrainings, für den man sich genug Zeit lassen sollte.

Nachdem die Grundlagen am Halfter erarbeitet waren und gut funktionierten, habe ich Konrad den Kappzaum gezeigt und begonnen ihn daran zu gewöhnen. Dazu gehört nicht nur, dass er den Kappzaum trägt, sondern auch, dass ich den Kappzaum überall anfassen kann während er ihn trägt und dass ich seinen Kopf damit bewegen kann. Auch hier ging es noch nicht darum, eine Form oder Kopfhaltung vorzugeben, sondern ihn nur mit dem Gefühl des Kappzaums vertraut zu machen. Dafür lasse ich mir so viel Zeit wie nötig (vor allem bei Pferden mit negativen Vorerfahrungen sollte man Geduld und Zeit mitbringen).

Auf der nächsten Trainingsstufe wiederhole ich dann die Übungen, die er vom Training mit dem Halfter kennt, mit dem Kappzaum. Wenn etwas unklar ist, kann ich immer wieder auf die am Halfter erarbeiteten Signale zurückgreifen. Auch hier ist es wieder wichtig sich Zeit zu lassen: Die Trainingssequenzen können auch nur ganz kurz sein (5-10 Minuten) – lieber etwas kürzer und positiv abschließen, als sich zu lange an etwas festbeißen und das Pferd überfordern.

Funktionieren die Führübungen mit dem Kappzaum, kann man langsam damit beginnen dem Pferd die Formgebung am Kappzaum zu erklären. Hier kann man auch die Gerte als verlängerten Arm mit einbeziehen und dem Pferd spielerisch zeigen (auch mal mit der Gerte über den Rücken streichen, die Kruppe bewegen, etc.). Auf dieser Stufe kann man langsam die Sekundarhilfen (Gerte, Schenkel, Hand) entwickeln und es ist nur wenig Handeinwirkung nötig.

Solche Einheiten am Kappzaum können sehr genau und exakt sein, aber es ist auch wichtig, dass man viele spielerische Phasen oder ganze Einheiten einbaut, in denen sich das Pferd in seinen Bewegungen ausprobieren und eigene Ideen einbringen darf (Freiarbeit, Spazieren gehen, etc.). Phasen hoher Konzentration und Genauigkeit dauern bei mir oft nicht länger als 5-10 Minuten. Denkt von eurem Jungpferd als Kind, das auch mal Purzelbäume schlagen will und darf. Wir Menschen müssen aufpassen, dass wir im Training nicht zu verkopft werden und experimentierfreudig bleiben.

Idealerweise baut ihr das Training so auf, dass euer Pferd denkt eine Übung wäre seine eigene Idee gewesen. Wichtig ist eben, dass das Pferd Spaß hat und nicht überfordert wird.

DO’s und DONT’s im Jungpferdetraining

Herzenspferd: Du hast einige wichtige Dinge aufgezählt – was würdest Du denn sagen sind NoGos im Jungpferdetraining und was ist besonders wichtig?

Anna:

Die wichtigsten Punkte beim Training von Jungpferden sind für mich:

  • Spaß und Motivation
  • Gesunde Balance zwischen Spannung und Entspannung
  • Nicht jeden Tag „arbeiten“ oder üben und nicht zu verbissen am Gleichen arbeiten
  • Tage einbauen, an denen man einfach nur Zeit mit dem Pferd verbringt, ohne „etwas zu wollen“
  • Dem Pferd Abwechslung bieten
  • Eine gute Balance finden zwischen dem Lernen von Neuem und der Wiederholung von Übungen, die bereits gut klappen (das baut das Selbstbewusstsein des Pferdes auf)
  • Überforderung vermeiden
  • Nicht zu verkopft werden und auch spontan auf Vorschläge des Pferdes eingehen können.
  • Sich bewusst sein, dass junge Pferde auch in die Pubertät kommen: Wir können nicht immer nur beste Freundin sein, manchmal müssen wir auch Grenzen setzen – und das ist ok! Unsere Pferde haben uns danach immer noch gern.
  • Extreme vermeiden: Ich sehe viele Menschen, die entweder nur der Freund ihres Pferdes sein wollen und dabei die Erziehung vernachlässigen oder Menschen, die dauerhaft extrem streng sind. Man hat für sein Pferd aber nicht nur eine Rolle: Man ist Freund, Pfleger, Pädagoge, Schüler, … und es gilt da einen gesunden Mittelweg zu finden.

Als unerfahrener Reiter ein Jungpferd kaufen

Herzenspferd: Du hast ja schon sehr viel Erfahrung im Training von Pferden. Wie viel Erfahrung sollte man Deiner Meinung nach haben, bevor man sich ein Jungpferd kauft?

Anna:

Das ist eine schwierige Frage, die man so pauschal nicht beantworten kann. Ich selbst habe mein erstes Jungpferd mit 13 Jahren bekommen – bin aber auch mit Pferden groß geworden. Die geplante Unterstützung durch eine Trainerin hat nicht in dem Umfang funktioniert, wie wir uns das gewünscht haben, aber es hat trotzdem geklappt. Da war natürlich auch eine gute Portion Glück mit im Spiel – mein großer Vorteil war, dass das Pferd keine schlechten Erfahrungen gemacht hatte und unsere Beziehung von Anfang an sehr gut war.

Wenn man sich als wenig erfahrener Reiter ein Jungpferd kauft, sollte man unbedingt darauf achten, dass es artgerecht aufgewachsen und gut sozialisiert ist und keine schlechten Vorerfahrungen gemacht hat. Das erleichtert das Training ungemein und mit etwas professioneller Hilfe können Pferd und Reiter gemeinsam lernen und wachsen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen, die etwas unsicher sind und sich Hilfe suchen, bessere Trainer für ihre Pferde sind, als jemand, der denkt er wüsste schon alles und keine Hilfe annimmt. Dazu gehört natürlich auch Selbstreflexion und Dinge zu hinterfragen – und vielleicht auch zu manchen Ratschlägen nein zu sagen – man ist immer Anwalt für sich und sein Pferd.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Auswahl des Pferdes: Wenn ich zum Beispiel schon einen Bandscheibenvorfall hatte, sollte ich mir vielleicht nicht das Pferd mit den wahnsinnigen, schwer zu sitzenden Bewegungen kaufen.

Aber mit einem Pferd aus guter Aufzucht, professioneller Hilfe und ohne Zeitdruck kann man sich durchaus auch als nicht so erfahrener Reiter ein Jungpferd kaufen.

Mit Schauspielübungen zur klaren Kommunikation mit Deinem Pferd

Herzenspferd: Was kann man sich unter Schauspielübungen für Reiter vorstellen? Eigentlich heißt es doch immer man muss authentisch sein am Pferd?!

Anna:

Unbedingt – und das ist auch kein Wiederspruch!

Während meines Studiums in Wien war ich auch in einer Schauspielschule. Im ersten Jahr lernen die Teilnehmer dort, authentisch zu kommunizieren und ihre Gefühle wieder nach außen zu tragen. Das machen wir in unserem täglichen Leben nämlich oft gar nicht mehr, wir sind eben nicht authentisch. Denke nur mal daran, wenn jemand fragt wie es Dir geht: Die meisten Menschen antworten auf diese Frage nicht ehrlich und es gibt viele andere Punkte im Leben, an denen wir eine ehrliche Kommunikation unserer Gefühle verlernt haben.

Dazu kommt, dass viele Menschen nichts mit ihrem Körper aussagen. Da steht dann zum Beispiel ein Horsemanship Schüler in der Halle und soll sein Pferd aus seinem persönlichen Bereich schicken, schaut aber ohne Körperspannung auf seine Füße während er das akustische Signal gibt – und wundert sich, warum das Pferd nicht reagiert. Wie vorhin erwähnt, ist die Körpersprache das wichtigste Mittel, das wir zur Kommunikation mit unseren Pferden haben! Im Schauspielunterricht lernt man nicht nur seine Gefühle authentisch auszudrücken, sondern auch ganz bewusst seine Körpersprache einzusetzen (Bewegung, Atmung, Blick, Präsenz, etc.). Also genau das, was wir im Pferdetraining brauchen.

Ein weiteres Problem vieler Reiter ist, dass sie Lob nicht ehrlich freudig rüberbringen können. Gerade wenn man sich sehr konzentriert, strahlt man beim Loben oft keine ehrliche Freude aus.

Hier geht es zu Annas Blog, auf dem sie um viele spannende Themen rund um das Pferdetraining nach den Prinzipien der Akademischen Reitkunst schreibt.

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Christina

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Vor über 30 Jahren saß ich zum ersten Mal auf einem Pferd.
Seitdem habe ich viel erlebt und gelernt, hatte Erfolge und
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fair & pferdefreundlich.

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2 Kommentare

  1. Liebe Christina, liebe Anna,

    danke für dieses tolle Interview. Ich beobachte seit ein paar Wochen eine Jungstute (2Jahre) und bin hin und her gerissen. Alle sagen, dass man als Anfänger kein Jungpferd kaufen sollte. Meine Überlegung ist tatsächlich wie von Anna auch beschrieben: sie hat noch keine schlechten Erfahrungen gemacht, hätte die Möglichkeit in einer Jungstuten Herde mit zwei älteren Stuten als ,,Ziehmama“aufzuwachsen, ich möchte ihr Zeit lassen und sie ohne Druck ausbilden (nicht schon mit 2,5/3 Jahren anreiten), ich habe viele erfahrene Pferdemenschen in unserer Stallgemeinschaft, bei denen ich Hilfe bekomme und ich denke auch, dass die Bindung viel intensiver ist, wenn ich gemeinsam mit ihr wachse. Euer Interview bestärkt mich gerade sehr in meinen Gedanken. Lg

    Antworten
    • Hallo liebe Katalea,

      ich denke wenn man gute Bedingungen und Unterstützung vor Ort hat – und seine eigenen Grenzen gut einschätzen und Rat annehmen kann – dann kann es wirklich ein sehr schöner Weg mit einem Jungpferd sein =)
      Als Anfänger alleine würde ich definitiv nicht dazu raten, weil man beim jungen Pferd sehr schnell viel vermurksen kann, aber mit kompetenter Begleitung kann es schon gehen!

      Liebe Grüße,
      Christina

      Antworten

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