Am Sitz und den eigenen Problemen arbeiten, ohne das Pferd zu belasten? Sich endlich mal komplett nur auf sich selbst konzentrieren können? Dinge ausprobieren, ohne Angst zu haben dem Pferd zu schaden?
Klingt traumhaft – und ist möglich mit dem Reitsimulator!
Ich merke seit einiger Zeit, dass sich ein paar Problemchen in meinen Sitz geschlichen haben: Mein rechtes Bein liegt etwas weiter vorne, der rechte Bügel fühlt sich kürzer an und auf längeren Ritten bekomme ich Schmerzen im Piriformis. Es ist also höchste Zeit mal auf Ursachensuche zu gehen!
Ich bin ein großer Fan von Sally Swift* und ihrem Konzept und folge schon länger Centered Riding Instructor Stephan Fischer auf Instagram. Und Stephan ist stolzer Besitzer von Onyx, einem wirklich lackschwarzen Rappen mit einer kleinen Besonderheit: Er ist kein echtes Pferd, sondern mechanisch.
Onyx kann Schritt, Trab und Galopp (auf beiden Händen) in unterschiedlichen Tempi, er kann im Genick gestellt und im Hals gebogen werden. Und – das ist das Geniale – er hat Sensoren unterm Sattel, in der Schenkellage und an den Zügeln, mit denen ganz genau die Einwirkung und der Sitz des Reiters vermessen und analysiert werden kann.
Meine Entscheidung ist schnell getroffen und ich mache mich auf den Weg zu Stephan nach Ilsfeld in der Nähe von Stuttgart.
Stephan erklärt mir genau wie Onyx funktioniert und wie die kommende Stunde aussehen wird. Ein bisschen aufgeregt bin ich ja schon, immerhin sitze ich zum ersten Mal auf so einem „Pferd“. Die ersten Schritte auf Onyx fühlen sich auch recht fremd an, aber das wäre ja auch bei einem neuen Pferd ein Stückweit der Fall. Ich gewöhne mich schnell an die Bewegungen und fühle mich dann auch wohl und sicher – obwohl sie schon etwas größer sind, als ich es gewöhnt bin.
Nach der ersten Sitzanalyse steht fest, dass ich gar nicht so schief sitze, wie es sich für mich anfühlt. Tatsächlich belaste ich meine Sitzbeinhöcker nur minimal mehr rechts und etwas zu sehr hinten, was man auf den Grafiken, die der Computer ausspuckt, wunderbar sehen kann. Mein Zügeldruck ist nicht stark genug um den Sensor auszulösen, aber Stephan meint das ist etwas Gutes und es ist nicht nötig es drauf anzulegen. Interessanter ist, dass mein rechtes Bein tatsächlich ein bisschen weiter vorne liegt als das Linke, was man gut an den Sensoren sehen kann.
Die Problemstellen sind also klar, als Nächstes geht es an die Korrektur.
Stephan fängt damit an, meine Fußsohlen abzuklopfen um mir zu verdeutlichen, an welchen Stellen die Bewegung am Besten durch’s Bein fließen kann. Nicht ganz überraschend sind das die Fußballen – deshalb sollte hier auch immer der Bügel liegen und nicht zu weit vorne unter den Zehen.
Als nächstes verdeutlicht er mir super anschaulich was passiert, wenn ich die Bügel zu sehr austrete: Der Unterschenkel rutscht nach vorne und die Gelenke blockieren bis hoch zur Hüfte. Die Bewegung des Pferdes kann so nicht mehr ungehindert durch das Bein hindurchfließen. Nachdem Stephan mich darauf aufmerksam gemacht hat, kann ich nun tatsächlich auch die leichte Spannung in meinem rechten Oberschenkel und Gesäß wahrnehmen, die ich ganz unbewusst ausübe. Mit dem Bild „lass die Zehen herunterfallen“, entspannt sich mein Bein sofort und rutscht wie von selbst in die für mich physiologisch beste Position. Sofort merke ich, wie die Bewegung viel besser fließen kann und die Gelenke von Bein und Hüfte ihre Aufgabe als Stoßdämpfer wieder reibungslos erledigen können. Es ist zwar nur ein Zentimeter, aber gefühlt ein himmelweiter Unterschied.
Nachdem die Beine jetzt besser liegen, geht es eine Etage weiter nach oben an die Hüfte. Ich habe mir auf den langen Wanderritten der letzten Zeit angewöhnt, sie dauerhaft leicht nach hinten zu kippen, deshalb habe ich etwas Spannung in der unteren Bauchmuskulatur und neige zum leichten Stuhlsitz. Diese Spannung war mir gar nicht bewusst – mit Stephans Anleitung taste ich meine Bauchmuskeln ab und kann so genau fühlen, wo ich angespannt bin. Durch die Korrektur der Beinlage hat sich die Hüftstellung schon von selbst verbessert und ich muss sie nur noch ein bisschen weiter aufrichten, um die Spannung im unteren Bauch loslassen zu können.
Auf Onyx welchsele ich nun in allen Gangarten von meiner alten Position in die neue, damit mein Nervensystem sich daran gewöhnen und das neue Muster abspeichern kann. Der Unterschied ist wirklich enorm: Meine Beine liegen ruhiger, ich sitze deutlich entspannter und fühle die Bewegungen des Pferdes ganz durchlässig in meinem Körper. Und das, obwohl es wirklich nur winzig kleine Änderungen sind!
Stephans Korrekturen sind deshalb auch nicht schwer umzusetzen. Es geht hier nicht wirklich um körperlich anspruchsvolle Änderungen oder den Einsatz von Muskelkraft, sondern darum, sich seiner Körperhaltung bewusst zu werden, den Körper passend neu auszurichten und ein Gefühl für die ideale Position zu entwickeln.
Am Ende der Stunde fühlt sich mein gesamter Sitz viel müheloser und leichter an. Ich bin völlig in der für mich passenden Balance und kann aus dieser Position heraus auch entspannter leichte Hilfen geben. Für mich hat die Sitzstunde mal wieder gezeigt, dass eine regelmäßige Korrektur für wirklich jeden hilfreich ist, egal wie lange er reitet und wie viel er vielleicht weiß. Es schleichen sich im Alltag schnell neue Bewegungsmuster ein, die man selbst erstmal nicht bewusst wahrnimmt. Ein Blick von außen ist wirklich unbezahlbar und Stephan macht das super anschaulich und einfühlsam mit Hilfe der bewährten Bilder aus dem Centered Riding!
Du willst auch mal eine Stunde auf Onyx? Hier kommst Du auf Stephans Homepage und hier findest Du ihn auf Instagram!
0 Kommentare