Vor ein paar Wochen habe ich in diesem Artikel von ProPferd gelesen, dass erschreckend wenige Reiter erkennen ob ihr Pferd lahmt. Wie genau man eine Lahmheit erkennen kann, wird aber nicht beschrieben.
Am besten lernt man so etwas bei einem Erste-Hilfe-Kurs vom Tierarzt. Aber für alle, die (noch) keine Möglichkeit haben von jemandem vor Ort zu lernen, möchte ich hier die gängigsten Anzeichen von Lahmheit zusammenfassen.
Wie immer der Hinweis: ich bin kein Tierarzt und kann nur das weitergeben, was ich gelernt habe. Wenn Du auch nur den geringsten Zweifel daran hast, dass Dein Pferd sauber läuft und nicht weißt, woran das liegt, solltest Du einen Tierarzt rufen.
Lahmheit erkennen im Stand
Manche Lahmheiten kannst Du bereits an der Art wie das Pferd steht erkennen. Steht es nicht gleichmäßig auf allen vier Beinen und entlastet immer das gleiche Bein, kann das ein Anzeichen von Schmerzen sein. Damit meine ich natürlich nicht das normale, entspannte Aufsetzen der Hinterhufspitze das viele Pferde tun. Wenn Du Dein Pferd ein paar Schritte bewegst und dann wieder stehen lässt wird es meist nicht gleich wieder den selben Huf aufsetzen. Tut es das aber sofort und immer wieder beim gleichen Bein solltest Du genauer hinschauen (vielleicht sind an seinem Gesichtsausdruck auch Schmerzen abzulesen. Wie das Schmerzgesicht des Pferdes aussieht habe ich hier beschrieben.)
Eine Entlastungshaltung kann zum Beispiel so aussehen:
- Das Pferd streckt ein Bein nach vorne oder nach hinten heraus – das kann Hinter- oder Vorderbein sein
- Das Pferd setzt die Spitze des Vorderhufes auf und knickt im Vorderfußwurzelgelenk ab
- Das Pferd setzt die Spitze des Hinterhufs auf und knickt im Sprunggelenk ab
Lahmheit erkennen an der Hand
Am besten erkennst Du eine Lahmheit, wenn jemand anderes das Pferd an der Hand vorführt. Dazu sollte er einmal gerade von Dir weg laufen, mit einer engen Volte kehrt machen und wieder gerade auf Dich zu laufen. Zusätzlich solltest Du Dir das Ganze dann noch einmal von der Seite anschauen.
Wenn das Pferd auf Dich zukommt konzentrierst Du Dich auf Du die Vorderbeine, läuft es von Dir weg schaust Du Dir die Hinterbeine an. Achte darauf, dass Du nicht zu nahe am Pferd bist. Manche Lamheiten erkennt man besser, wenn man sich nicht zu sehr auf eine Stelle, sondern das Gesamtbild konzentriert. Ich mache das so, dass ich meine Augen etwas unfokussiert lasse und versuche Unregelmäßigkeiten im Bewegungsfluss zu sehen.
Beim Führen sollte darauf geachtet werden das Pferd nicht durch einen zu kurzen Strick oder Ziehen an seinem Kopf in seinem Gleichgewicht zu stören und ein gleichmäßiges Tempo beizubehalten. Der Führende sollte möglichst nicht das Pferd anschauen, sondern locker geradeaus laufen – schaut man beim Führen auf das Pferd beeinflusst man es mit seiner Körpersprache und kann es aus seinem Gleichgewicht bringen.
Stärkere Lahmheiten erkennt man bereits im Schritt, andere erst im Trab, da das Pferd hier nur noch auf je zwei Beinen steht und stärker beeinträchtigt ist wenn eines davon weh tut. Selbst wenn Dein Pferd sauber im Schritt läuft, solltest Du es zustäzlich noch im Trab begutachten.
Lahmheit des Vorderbeins
Ist Dein Pferd auf einem der Vorderbeine lahm, dann belastet es das gesunde Bein stärker. Auf diesem Bein lastet also bei jedem Schritt mehr Gewicht.
Das zeigt sich besonders deutlich an Kopf und Hals des Pferdes: tritt es mit dem verletzen Bein auf, hebt es Hals und Kopf nach oben um möglichst wenig Gewicht darauf zu bringen. Tritt es mit dem gesunden Bein auf, fällt es mit seinem Gewicht auf die Seite und Hals und Kopf fallen nach unten. Es macht also eine mehr oder weniger deutliche Nickbewegung, die auch von der Seite zu sehen ist.
Von der Seite kannst Du eine Lahmheit außerdem erkennen, wenn:
- Dein Pferd ein Bein nicht so hoch hebt (bzw. nicht so sehr beugt) wie das Andere oder sogar den Huf über den Boden schleift,
- es ein Bein nicht so weit nach vorne schwingt wie das Andere,
- es den Huf entweder nur vorne auf der Spitze oder nur hinten am Ballen aufsetzt.
Lahmheit des Hinterbeins
Ist Dein Pferd auf einem der Hinterbeine lahm, erkennst Du das auch hier daran, dass es das lahme Bein weniger belastet. Bei den Hinterbeinen ist das vor allem an der Kruppe sichtbar: die Kruppe auf der Seite des verletzten Beins wird verstärkt nach oben gezogen. Die schmerzende Seite ist also immer höher als die Gesunde.
Wie beim Vorderbein solltest Du bei der Beobachtung von der Seite darauf achten, ob ein Bein im Vergleich zum anderen weniger gebeugt wird, kürzer nach Vorne schwingt oder den Huf anders aufsetzt.
Lahmheit erkennen unter dem Reiter
Es gibt Lahmheiten, die man nur unter dem Reiter sieht. Als Reiter kannst Du eine solche Lahmheit fühlen, wenn Dein Pferd nicht mehr gleichmäßig läuft. Meistens merkt man das daran, dass eine Seite mehr „wegkippt“. Beim Trab aussitzen fühlt es sich zum Beispiel so an, als würde eine Seite Deiner Hüfte immer etwas tiefer oder nicht so hoch schwingen wie die andere. In ganz extremen Fällen hast Du das Gefühl, Dein Pferd kippt auf einer Seite unter Dir weg.
Wenn Du den Verdacht hast, dass Dein Pferd lahm geht, solltest Du es immer auch unter dem Reiter beobachten (lassen), selbst wenn sich an der Hand keine Lahmheit gezeigt hat.
Der Reiter sollte beim Vorreiten möglichst wenig tun um das Pferd in seiner Bewegung zu stören. Also nur wenig bis keine Zügeleinwirkung, kein permanentes Treiben und möglichst in leichtem Sitz traben. Der Trab sollte weder zu schnell, noch zu langsam sein.
Auch hier sollte der Reiter gerade vom Beobachter wegreiten, eine Volte oder einen Zirkel reiten und wieder gerade auf den Beobachter zu.
Besonders im Trab auf dem Zirkel verstärken sich Lahmheiten und sind deutlicher zu erkennen, da das innere Beinpaar stärker belastet wird. Zum Vergleich sollte man immer auf beiden Händen einen Zirkel reiten.
Harter oder weicher Untergrund?
Alle Tests sollte man sowohl auf hartem, als auch auf weichem Boden machen. Manche Lahmheiten zeigen sich vermehrt auf hartem Boden, andere auf Weichem.
Der Vorteil von hartem Boden ist, dass man Lahmheiten auch hören kann, wenn man etwas geübt ist. Da das verletzte Bein entlastet und somit weniger starkt aufgesetzt wird, macht es ein leiseres Geräusch als die anderen drei Beine. Wenn das Bein mit verkürztem Tritt aufgesetzt wird hört man die Unregelmäßigkeit im Takt.
Was tun wenn das Pferd lahm ist?
Wenn Du herausgefunden hast, auf welchem Bein Dein Pferd lahmt, dann solltest Du dieses Bein vom Huf aus nach oben abtasten. Parallel dazu tastest Du auch immer das andere, gesunde Bein ab. Manche Unterschiede erspührt man nur im direkten Vergleich.
- Gibt es Verletzungen am Huf, sitzt das Eisen noch richtig, hat sich das Pferd etwas in den Huf getreten (zum Beispiel einen Nagel, Scherben, etc.)?
- Ist der Huf heißer als der Andere?
- Gibt es eine Wunde am Bein?
- Ist das Bein irgendwo geschwollen?
- Ist das Bein an einer bestimmten Stelle heiß?
- Reagiert das Pferd schmerzempfindlich auf Druck?
Wunden solltest Du enstprechend versorgen und bei Bedarf den Tierarzt rufen.
Lesetipp: Mehr Infos zu erster Hilfe beim Pferd findest Du hier bei ProPferd.
Wenn am Bein keine offenen Wunden sind, sondern nur eine geschwollene Stelle, hilft es diese Stelle zu kühlen. Verbessert sich der Zustand nach ein bis zwei Tagen nicht, sollte man – im Zweifelsfall lieber früher als später – den Tierarzt rufen.
Bei starken Lahmheiten, Verletzungen oder Schwellungen an Gelenken oder Sehnen sollte man sofort den Tierarzt rufen.
Empfehlung
Besonders leichte Lahmheiten lassen sich oft nur vom Experten erkennen. Deshalb kann ich jedem nur empfehlen in regelmäßigen Abständen einen Routinecheck vom Osteopathen oder Physiotherapeuten machen zu lassen. Der kann dan auch gleich nach Blockaden schauen und vielen Problemen vorbeugen bevor sie entstehen.
Hi Christina,
toller Artikel! Es ist aber trotzdem echt schwer zu erkennen. Bei uns war letzte Woche eine Osteopathin, die eine minimale Taktunreinheit erkannt, die ich nur gehört, aber partout nicht gesehen habe und das obwohl sie mir ja direkt gesagt hat, wo die „Lahmheit“ wäre.
Übrigens habe ich schon oft (von Tierärtzen) gehört, dass Pferde Lahmheiten gerade nicht zeigen, wenn sie Gefahr vermuten, damit der Säbelzahntieger (der Tierarzt? 😉 sie nicht als gute Beute erkennt.
Liebe Grüße
Saskia
Huhu Saskia =)
Ja, einfach ist es nicht, wenn die Lahmheit nicht ganz deutlich ist. Gerade bei Gangpferden ist es auch echt schwer, die laufen ja manchmal schon „von Haus aus“ taktunrein…
Ich merke es am besten im Sattel oder – wie du sagst – am Geräusch. Beim Draufschauen hilft es mir immer aus der Ferne zu gucken und die Augen etwas unfokussiert zu lassen. Also gar nicht auf eine bestimmte Stelle schauen sondern auf Unregelmäßigkeiten im gesamten Bewegungsfluss achten.
Jetzt wo du es sagst erinnere ich mich auch daran das schonmal gehört zu haben – klingt auch logisch, sind ja nicht doof die Pferdchen 😉
Liebe Grüße,
Christina
Stimmt,
ich hatte den Fall auch schon ganz konkret.
Das hat echt lange gedauert, bis eine Lahmheit, von der das Pferd und ich wussten, von anderen gesehen und anerkannt war.
Bis dahin hieß es „mach den mal flott, der versucht Dich zu veräppeln“
Nee… das waren Schmerzen.
Es ist aber alles gutgegangen!
Den alten Mann hab ich noch!
Fazit: man darf auch ruhig seinem eigenen Bauchgefühl trauen, wenn das sagt „Da stimmt was nicht“
Liebe Grüße
Silke
Hallo liebe Silke,
das habe ich schon oft erlebt, dass die Pferdebesitzer merken, dass irgendwas nicht stimmt obwohl man (noch) nichts sieht. Danke, dass du da nochmal drauf hingewiesen hast – auf das eigene Bauchgefühl zu hören finde ich auch unheimlich wichtig!
Liebe Grüße und alles Gute für deinen alten Mann,
Christina
Atlaswirbel und Hufe sind auch wichtig. (Atlaswirbel beeinflusst zusätlich die Unterkieferstellung, Zungenbein, usw. Und Hufe sollen abrollen können. Der Einfluss auf den Körper spielt schon eine Rolle, weil kein Schlüsselbein da ist. Akupunktur ebenfalls sinnvoll. Ein Pferd ist nun mal Fluchttier und energetische Therapie finde ich gut. Manchmal kann auch nur das Erbsenbein am Karpalgelenk verschoben sein.
Hallo Robert,
danke dir für deine Anmerkung – ich lasse bei mir selbst alle paar Wochen den Atlaswirbel kontrollieren, deshalb kann ich dir da nur zustimmen.
Ansonsten geht das glaube ich schon zu tief in die Materie, da muss dann ganz konkret der Osteopath/Physiotherapeut aufs Pferd schauen, die wenigsten Reiter werden das „einfach so“ erkennen.
Liebe Grüße,
Christina
Liebe Christina,
danke für diesen tollen Artikel. Ich hab mich diese Dinge gerade am Anfang sehr viel gefragt. Mein Pflegepferd hat fortgeschrittene Arthrose und lahmt dementsprechend öfter. Gerade am Anfang, als ich sie noch nicht so gut kannte, sah ich oft die Lahmheit noch gar nicht, ihre Besitzerin aber schon.
Je besser man das Pferd kennt umso leichter sieht/spürt man sie auch. Mittlerweile habe ich dafür ein starkes Gefühl entwickelt, ich merke speziell vom Sattel aus das kleinste „Ticken“ und kann sofort darauf reagieren. Aber das war ein ganz schöner Weg bis dorthin…
Gar nicht so einfach mit der Lahmheit… 🙂
Liebe Grüße
Claudia
Hallo liebe Claudia,
danke für die netten Worte 😀
Du hast absolut recht, je besser man das Pferd kennt, desto eher hat man ein Auge für ungewöhnliche Bewegungsabläufe. Einfach ist das wirklich nicht mit der Lahmheit, vor allem wenn sie nicht stark ist. Ich glaube die beste Lösung ist es, regelmäßig prophylaktisch einen Osteopathen oder Physiotherapeuten auf’s Pferd schauen zu lassen und Probleme schon frühzeitig zu erkennen.
Liebe Grüße,
Christina
Tierarzt kann immer hilfreich sein!
Hey, seid heute lahmt eins unsere Pferde.
Es wurde gestern etwas an der Longe geführt und hat sich zuerst etwas ausgetobt, danach im Schritt, Trab und Galopp longschiert.
Da es eigentlich schon zugeritten war aber mal jemand runtergefallen ist stande er sehr lange und wurde nicht viel beansprucht (nur manchmal kleine Spiele oder Meinungsverschiedenheiten mit seinem Weidenkumpel) da aber nun meine Schwester auf ihm reiten will in 3-4 Wochen bei einem Wanderritt hatte sie ihn gesattelt und wie oben beschrieben longchiert.
Sie hat sich auch danach nachdem er sich an der Longe etwas ausgetobt und aufgewärmt hatte auch noch ein bisschen gerritten. Danach sind wir wieder nach hause und sie hat die hufe noch mit einem Wassereimer begossen.
Kurze Eckdaten:
Er ist 6 Jahre alt und steht immer mit seinem Spielkumpane auf dem Auslauf.Die beiden sielen und zanken sich manchmal.
Er ist ein Paint Horse und hat PSSM bekommt aber kein Kraftfutter…nur Heu und Karotten.
Wieso lahmt er jetzt plötzlich sozusagen über Nacht? Liegt es an der ungewohnten Belastung?
Es hat weder im huf etwas noch ist irgenwo etwas heiß oder angeschwollen, wir haben das bein heute mittag mit kaltem wasser abgespritzt und mein Vater meinte mal abwarten. Das pferd schon beim gehen den einen vorderhuf nur leicht aber heut nachmittag hat er schon richtig gelamt was aber eben nur wieder leicht geschont wurde
Hallo liebe Sarah,
da kann ich nur einen Rat geben: Tierarzt rufen! Alles andere macht hier per Ferndiagnose übers Internet keinen Sinn.
Ich möchte euch auch noch davor warnen, mit so einer kurzen Vorlaufzeit mit diesem Pferd auf einen Wanderritt zu starten. Wenn er so lange gestanden hat, kann man ihn nicht in 3-4 Wochen ausreichend aufbauen, dass er einen Wanderritt schafft – da kannst du eher mit 3-4 Monaten rechnen, wenn nicht mit mehr, je nachdem wie das Training aussieht. Ihr wollt ja, dass es ihm gut geht und er weiter gesund bleibt!
Liebe Grüße,
Christina
Hey Christina,
ich weiß nicht genau, ob das unbedingt hierher gehört ^^;
Wir waren heut bei unserer alten Oma(36 Jahre) und alles war wunderbar – bis auf das Vorderbein. Ich bin wie sonst mit meiner Hand ihr Bein bis zur Fessel heruntergestrichen um ihr den Huf auszukratzen, aber sie wollte es einfach nicht heben. Als sie dann ein paar Schritte vor ging, hab ich es abgefangen und da hat sie es ohne Probleme gehoben und gehalten.
Als ich dann einer anderen Reiterin was am Huf zeigen wollte, hat sie sich wieder geweigert, es anzuheben. Ich bin dann wieder an ihrem Bein heruntergestrichen, doch sie weigerte sich noch immer.
Dann hab ich mit dem Daumen leicht gegen ihre Fesselbeuge gedrückt in der Hoffnung, dass ich einen Reflex auslöse. Dann meinte die Reiterin – glaub ich zumindest – „Nicht drücken!“
Jetzt hab ich ein richtig schlechtes Gewissen, da ich das schon öfters probiert habe und hab auch Angst, dass ich ihr dadurch ernsthaft geschadet habe =(
Ganz liebe Grüße
Andreas
*das linke Vorderbein.
Eventuell ist es noch interessant zu wissen, dass es ihr „Bettelbein“ ist u ich ihr das Betteln gerade aberziehe.
Hallo lieber Andreas,
durch leichtes Drücken wirst du ihr nicht schaden, du bohrst ja vermutlich nicht mit Gewalt deinen Finger ins Pferd 😉 Ich kraule oft die Fesselbeuge, wenn ein Pferd den Huf nicht heben will.
Ein bisschen hilfreicher ist aber meistens, sich etwas gegen die Schulter des Pferdes zu lehnen.
Vielleicht hat eure Oma irgendwo ein Zipperlein und es ist ihr unangenehm das Bein zu heben, oder sie hat Probleme mit ihrer Balance…
Liebe Grüße,
Christina